L-Jetronic (Bosch)

Einspritzanlage des GT/E (5.Teil: Steuersystem)

Nachdem in den Teilen 3. und 4. der Weg des Kraftstoffs vom Tank bis in die Zylinder beschrieben wurde, soll in diesem Teil und den folgenden Teilen das Steuersystem erläutert werden, welches im Wesentlichen aus den Meßfühlern (Sensoren) und dem Steuergerät besteht.

 

Die Sensoren liefern entsprechende Meßgrößen, die durch elektrische Impulse an das Steuergerät geleitet werden. Dabei kann man drei Meßgrößen unterscheiden:

1. Hauptmeßgröße (Motordrehzahl und angesaugte Luftmenge): Aus der Drehzahl und der angesaugten Luftmenge wird die Luftmenge pro Zylinderhub bestimmt, woraus sich der Lastzustand des Motors ergibt. Näheres dazu weiter unten.

2. Meßgrößen zur Anpassung: Diese Meßgrößen dienen zur Anpassung des Gemischs in Betriebszuständen, die vom Normalbetrieb abweichen. Dazu gehören der Kaltstart, der Warmlauf (vom Kaltstart bis zur normalen Betriebstemeratur) und die Lastzustände (Leerlauf, Teillast, Vollgas). Beim Kaltstart und Warmlauf wird von Meßfühlern die Motortemparatur an das Steuergerät mitgeteilt. Die Lastzustände erfaßt der Drosselklappenschalter. Einzelheiten zum Kaltstart, Warmlauf und zur Lastanpassung werden im 6. und 7. Teil genauer beleuchtet.

3. Meßgrößen zur Feinanpassung: Zur Optimierung des Fahrverhaltens beim Beschleunigen wird dies bei der Zumessung des Kraftstoffes berücksichtigt. Die von den oben schon erwähnten Meßfühlern übermittelten Daten stehen in den v.g. Betriebsbereichen in einem bestimmten Zusammenhang, der vom Steuergerät erkannt wird und als Folge die Steuersignale für die Einspritzventile entsprechend beeinflußt. Wie dies im einzelnen funktioniert, wird im 7. Teil dieser Serie erläutert.

Alle o.g. Meßgrößen zusammen werden vom Steuergerät so ausgewertet, daß der Motor in allen erdenklichen Betriebszuständen immer mit der notwendigen Kraftstoffmenge versorgt wird. Nachfolgend wird die Erfassung der Drehzahl und der Luftmenge beschrieben (Erfassung der Hauptmeßgrößen).

Bei kontaktgesteuerter Zündanlage wird die Information über die Drehzahl und den Einspritzzeitpunkt vom Unterbrecherkontakt im Zündverteiler geliefert. Bei kontaktlos gesteuerten Zündanlagen erfolgt die Erfassung der Drehzahl in der Zündspule an Klemme 1. Die von der Zündanlage gelieferten Signale (besser: Impulse) werden anschließend im Steuergerät verarbeitet. Dabei durchlaufen die Impulse zunächst einen Impulsformer, der aus den ankommenden elektrischen Schwingungen sog. Rechteckimpulse bildet. Diese wiederum werden an einen Frequenzteiler weitergeleitet, der die Rechteckimpulse derart teilt (was soll ein "Teiler" auch sonst machen außer "teilen"?), daß unabhängig von der Zylinderzahl je Arbeitsspiel (siehe Teil 1) zwei Impulse entstehen. Dabei ist der Impulsbeginn gleichzeitig der Einspritzbeginn für die Einspritzventile.

Pro Kurbelwellenumdrehung spritzt somit jedes Ventil einmal. Dabei ist es völlig egal, ob das Ventil geöffnet ist oder nicht. Bei geschlossenem Einlaßventil wird der Kraftstoff vorgelagert und beim nächsten Öffnen des Einlaßventiles zusammen mit der Luft in den Zylinder gesaugt. Die Einspritzdauer (und somit die Kraftstoffmenge) ist von der Drehzahl und der Luftmenge abhängig.

Und damit wären wir auch schon bei der Erfassung der Luftmenge: Da die vom Motor angesaugte Luftmenge das Maß für dessen Lastzustand ist, wird die angesaugte Luftmenge gemessen und dient als zweite Hauptmeßgröße für die Kraftstoffzuteilung. Aus der gemessenen Luftmenge und der ermittelten Drehzahl (s.o.) ergibt sich die sog. Kraftstoffgrundmenge (Anm.: Wer in der Grundschule bei der "Mengelehre" gut aufgepaßt hat, kann sich diese Theorie jetzt gerne bildlich vorstellen!). Die Luftmengenmessung ist ein richtiger Tausendsassa, denn sie erfaßt alle Änderungen im Motor, die während des Motorlebens auftreten können. Zum Beispiel Verschleiß, Ablagerungen im Brennraum oder Änderungen der Ventileinstellung.

Da die angesaugte Luftmenge erst den Luftmengenmesser durchströhmen muß, eilt beim Beschleunigen das Signal des Luftmengenmessers der tatsächlichen Luftfüllung des Zylinders voraus. Damit wird schon vorzeitig mehr Kraftstoff zugeteilt, so daß sich die erwünschte Beschleunigungsanreicherung ergibt. Bildlich gesprochen bedeutet dies, daß die Luft im Luftmengenmesser dem Steuergerät sagt: "Ich brauche gleich mehr Sprit!" und wenn die Luft am Einlaßventil eintrifft, ist die geforderte Spritmenge bereits angeliefert. Die Menge der Luft wird im Luftmengenmesser gemessen, in dem die von der angesaugten Luftströhmung erzeugte Kraft auf eine Stauklappe gegen die Rückstellkraft einer Feder wirkt. Dabei wird die Klappe so ausgelenkt, daß zusammen mit dem Profil des Meßkanals der freie Querschnitt mit zunehmender Luftmenge immer größer wird. Dadurch ergibt sich ein (logarithmischer) Zusammenhang zwischen Klappenwinkel und angesaugter Luftmenge, wodurch bei kleinen Luftmengen die Empfindlichkeit der Messung vergrößert wird.

Damit die durch die Saughübe der einzelnen Zylinder hervorgerufenen Luftschwingungen im Ansaugsystem nur wenig Einfluß auf die Stellung der Stauklappe haben, ist eine sog. Kompensationsklappe (sie befindet sich in dem am Gehäuse des Luftmengenmessers erkennbaren Viertelrund; siehe Foto rechts) fest mit der messenden Stauklappe verbunden. So können die Druckschwingungen der Luft gleichermaßen auf die Stau- und die Kompensationsklappe wirken und die ausgeübten Kräfte heben sich dabei auf. Ein Potentiometer erfaßt nun die Winkelstellung der Klappe und setzt diese in eine elektrische Spannung um, die an das Steuergerät weitergeleitet werden. Dort wird allerdings nicht die Spannungen an sich, sondern die Widerstandsverhältnisse ausgewertet. Dies stellt sicher, daß durch Alterung und Temperaturunterschiede des Potis keine falschen Schlüsse gezogen werden. Um die Einstellung des Gemischverhältnisses im Leerlauf zu gewährleisten, ist ein einstellbarer Bypass angebracht, über den eine geringe Luftmenge die Stauklappe umgehen kann. Im nächsten Teil geht es um den Kaltstart und den daran anschließenden Warmlauf des Motors. (ud)

© by Ulrich Dickmann, 2003

 

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